Jahrelang habe ich davon geträumt einmal um die Welt zu reisen. Der Zeitpunkt stand in meinem Kopf schon lange fest: Nach dem Bachelor noch zwei Jahre arbeiten, Geld verdienen und dann raus in die Welt für mindestens ein Jahr, bevor ich mit meinem Master anfange. Dieser Plan schwirrte schon zu Beginn des Studiums in meinem Kopf herum, doch es waren auch Zweifel da: Würde ich das wirklich durchziehen? Würde ich mich trauen meinen sicheren Job zu kündigen, die Wohnung aufzugeben und allein in die Welt hinauszugehen? Ich glaube am meisten Angst hat mir dieses "allein reisen" gemacht. Ich wollte jemanden dabei haben, mit dem ich dann meine Erlebnisse teilen kann… Zum Glück trat Marius in mein Leben und schon bei unserem ersten Treffen haben wir herumgesponnen, dass wir beiden mal zusammen um die Welt reisen könnten. Das es dann wirklich wahr wurde, war überwältigend. Es war nicht immer einfach als Paar zu reisen, sich fast 300 Tage lang, 24 Stunden am Tag zu sehen, aber wir sind mit jedem Tag ein besseres Team geworden und ich bin Marius unendlich dankbar, dass wir dieses Abenteuer gemeinsam erleben durften!
Nun sitze ich hier auf Bali, nach 293 Tagen Weltreise, nach 10 vollen Monaten unterwegs, unsere letzten Tage sind angebrochen und ich kann es irgendwie gar nicht so richtig glauben. Es ist eine Mischung aus: „Moment, wir fliegen schon zurück?“ und „Deutschland ich komme!“. So richtig traurig bin ich nicht und ich denke das liegt vor allem daran, dass all das gerade erst der Anfang war. Als ich gestern am Strand lag und über die Reise nachgedacht habe, habe ich realisiert, wie viel Zeit ich noch habe. Zeit, noch viel mehr von dieser Welt zu sehen, Zeit, noch mehr Abenteuer zu erleben und Zeit für neue Geschichten. Wohlmöglich werde ich nicht mehr so lange am Stück reisen, aber ich werde weiter reisen, denn ich merke, wie sehr es mich erfüllt. Ich habe endlich verstanden haben, dass das einzige, was zwischen dir und deinem Traum liegt, Ausreden sind. Ausreden, warum es gerade nicht geht und warum es niemals klappen würde. Egal was. Man muss es einfach anpacken und dann steht man da: Mitten in der Welt!
Wir haben so unglaublich viel gesehen
Die Zeit ist so schnell vergangen. Als wären wir erst gestern in den Flieger gestiegen, als hätten wir uns erst gestern von unseren Familien verabschiedet. Und dann denke ich zurück an Kalifornien und es fühlt sich an, als wären wir vor Jahren dort gewesen, doch wir waren seit dem nicht zu Hause! Und ganz langsam wird mir klar, was wir hier alles erlebt haben…
Man kann es kaum zusammenfassen, was wir alles gesehen haben: Der heißeste Ort der Welt, das größte Spieleparadies, das höchste Küstengebirge, die gefährlichste Stadt, die seltensten Tiere, der größte Süßwassersee, der längste Flug der Welt, die größte Tempelanlage, die wohl gefährlichste Grenze, die größte Stadt der Welt und eines der sieben modernen Weltwunder - um nur die Superlativen zu nennen. Von riesigen Städten bis kleinen Dörfern, vom tiefsten Dschungel zum klarsten Ozean, von glitzerndem Reichtum zu bitterster Armut, von der dreckigsten bis zur saubersten Stadt haben wir unglaublich viel gesehen.
Das Beste am Reisen sind die Menschen
Doch bei all den beeindruckenden Orten, darf man vor allem die Menschen nicht vergessen. Denn die Gastfreundschaft der Menschen trägt einen sehr großen Teil dazu bei, dass wir so unglaublich viel über diese große Welt lernen durften und diese ganze große Welt jetzt vielleicht ein bisschen besser verstehen. Myanmar ist nicht mehr nur das Land neben Thailand, es ist ein Land mit dem wir eine große Geschichte verbinden und Nachrichten, wie die Proteste in Nicaragua oder Verhandlungen mit Nordkorea interessieren dich so viel mehr, wenn du selbst schon einmal da warst. Du verbindest mit dem Land eine Geschichte, einen besonderen Ort und eine besondere Person. Zu jedem Land kann ich dir mindestens eine Person nennen, die mich nachhaltig geprägt hat: Paolo, der Junge im Ghetto von Medellin, der uns in einer Mischung aus Spanisch und Englisch erzählt hat, wie sehr er sich freut, dass wir Kolumbien, sein Land besuchen. Daniel, den Kuna, der uns sein panamesisches Inselparadies gezeigt hat. San Ni, die uns durch ihre Heimat, die Dörfer von Myanmar, geführt hat. Und der burmesische Mönch, der seit Jahren darauf spart nach Singapur zu fliegen, mit dem ich mich stundenlang unterhalten habe. Bhagu, mit dem wir durch Indien gereist sind und der uns unsere Vorurteile gegenüber diesem chaotischen Land genommen hat. Diese Liste könnte ich noch unendlich lange fortführen und ich werde schon ganz melancholisch, während ich das hier schreibe. Auch, wenn sie alle das hier niemals lesen werden, danke ich ihnen aus tiefstem Herzen, dass sie mir ihre Welt gezeigt haben und ihre Heimat für mich nicht mehr nur noch Worte sind!
Neben all diesen tollen Menschen, haben wir auch viele andere Reisende kennengelernt, die unsere Reise so viel schöner gemacht haben. Zweimal wurden wir von Freunden aus Deutschland besucht und auch sonst haben wir in jedem Land neue Leute kennengelernt. Mit einigen haben wir ein paar Tage verbracht, mit anderen sind wir durch ganze Länder gereist. Andere Leute haben wir Monate später in einem anderen Land wiedergetroffen. Und ich bin dankbar, dass all diese Menschen einen Teil ihrer eigenen Reise mit uns gemeinsam verbracht haben.
Reisen verändert, sagt man
Man sagt ja immer, eine Reise verändert. Ob ich mich verändert habe, dass werden mir wohl erst Familie und Freunde sagen können, aber was sich verändert hat, ist mein Denken. Gerade weil Orte nicht mehr nur noch Worte sind, gerade weil wir die Auswirkungen von vielen Dingen gesehen haben, die vorher bloß Worte waren. Natürlich habe ich mir auch vorher unter Dingen, wie gerodetem Urwald oder Umweltverschmutzung etwas vorstellen können. Aber wenn du dann da stehst, mitten in diesem wunderschönen Dschungel und dir vorstellst, es würde ihn bald nicht mehr geben. Und wenn du tauchst, zwischen den toten Korallen, die durch das falsche Handeln von uns Menschen sterben mussten. Und wenn du vor den unendlichen Müllbergen von Delhi stehst oder im Smok von Sri Lanka fast erstickst, ja dann ändern sich die Gedanken. Natürlich komme ich nicht als Öko-Mensch zurück, aber ich werde über viele Dinge eben mehr nachdenken und das ist es wohl auch, was das Reisen ausmacht. Die Sicht auf die Welt, die ändert sich.
Was nicht so schön war
Auch, wenn es auf Bildern immer perfekt aussieht, natürlich war nicht immer nur alles schön. Nicht nur einmal standen wir da und wollten alles einfach hinschmeißen. Wollten einfach nur nach Hause und nicht mehr weiter machen. Das nennt man wohl Reisemüdigkeit und ja, die hatten wir. Das erste Mal wohl in Costa Rica, als uns wirklich alles genervt hat und wir nicht mehr Reis mit Bohnen essen wollen und verdammt noch mal endlich wieder mit jemandem auf Englisch reden wollen. Das war der erste Moment, wo wir einfach nur nach Hause wollten.
Einen weiteren solcher Momente hatte ich in Kandy, auf Sri Lanka: Stundenlang waren wir mit unterschiedlichsten schrottreifen Bussen, mit viel zu lauter Musik und viel zu vielen Menschen durch das Land gefahren. Es war drückend heiß und unglaublich stickig, wir wurden in eine riesige Menschenmenge gespuckt, wurden hin und her geschupst und von tausenden Taxifahrern belagert. In dem Moment wollte ich einfach nicht mehr dort sein, in diesem riesigen Chaos und wollte einfach nur in mein sauberes, schönes Deutschland…
Oder der Abend, an dem Marius und ich in Thailand gleichzeitig eine Lebensmittelvergiftung hatten und quasi im Badezimmer gewohnt haben. In einer viel zu einfachen, schrecklichen Unterkunft - wir wollten nur nach Hause.
Ja, es gibt sie, genau diese Momente. Aber es wäre ja auch langweilig, wenn man immer nur von einem schicken Touristenshuttle in den nächsten Steigen würde. Und am Ende sind genau das die Geschichten, die man erzählt. Glücklicherweise sind auch genau das die Dinge, die der Mensch verdrängt. Man vergisst die schlechten Dinge und erinnert sich am Ende nur an die schönen Geschichten!
Was dafür umso schöner war
Wo hat es dir am Besten gefallen? Diese Frage werde ich in den kommenden Wochen wohl mehr als nur einmal hören und ich kein beim besten Willen keine Antwort darauf geben. Es gibt nicht ein Land, dass am schönsten war, nicht einen Ort, der am tollsten war, denn mit jedem Ort schwingt eine Geschichte mit und diese Geschichten sind natürlich nicht vergleichbar. Aber, um die Frage zumindest ein bisschen zu beantworten, will ich versuchen die schönsten Erlebnisse der jeweiligen Länder zusammenzufassen:
Kalifornien: In Kalifornien hat mich die Schönheit des Yosemite, umgehauen. Durch die wunderschönen Wälder sind wir gewandert, haben im eiskalten Bach gebadet und kalte Dosenravioli gegessen.
Kolumbien: In Minca waren wir wandern und haben die Natur von Kolumbien kennengelernt und Medellin, die früher die gefährlichste Stadt der Welt war, hat mich in seinen Bann gerissen. Die gesamte Geschichte von Kolumbien hat mich so sehr interessiert, dass ich hinterher tausende Dokus über die Drogen-Geschichte angesehen habe.
Panama: Auf den wunderschönen San Blas Inseln habe ich meinen Karibiktraum gefunden und auf Bocas del Toro habe ich mir einen Traum erfüllt und meinen Tauchschein gemacht!
Costa Rica: Auf der Suche nach Faultieren sind wir durch die Nationalparks gelaufen und haben dann tatsächlich welche entdeckt. Ein weiteres Highlight waren für mich das Ziplining durch den Dschungel und der wunderschöne Karibikstrand in Cahuita.
Nicaragua: Auf Isla Ometepe habe ich Rollerfahren gelernt und die wohl schlimmste Wanderung meines Lebens gemeistert: Ich stand das erste Mal in meinem Leben auf einem aktiven Vulkan!
Thailand: In Chiang Mai hat es sich angefühlt, als würden wir nach Hause kommen und auch wenn wir dort keine großen Dinge erlebt haben, war es schön wieder in Thailand zu sein. Außerdem haben wir dort Silvester gefeiert, mit unglaublich schönen Lichtern.
Laos: In Laos haben wir das erste Mal auf dieser Reise so richtig gefroren, auf der zweitägigen Fahrt über den Mekong. Und wir haben so viele Wasserfälle und Höhlen angeschaut, dass es mir für den Rest der Reise gereicht hat.
Myanmar: Myanmar war eines meiner liebsten Länder auf dieser Reise. Kein Luxusresort dieser Welt würde ich gegen die Erfahrung eintauschen, auf dem Fußboden eines Kuhstalles zu schlafen, mitten im burmesischen Niemandsland, ohne fließendes Wasser, ohne Strom, aber mit einem Lagerfeuer und unglaublich tolle Menschen.
Sri Lanka: In Sri Lanka ging es weiter mit den wilden Tieren, wir haben Delfine beobachtet, haben auf Safari sehr viele Elefanten gesehen, durften ein Babykrokodil halten und haben uns von Affen das Frühstück klauen lassen. Und zwischendrin, da lagen wir fast nur am Strand und haben entspannt.
Indien: Auch eines meiner Highlights der Reise. Ich wollte schon immer dort hin, aber weiß eigentlich gar nicht genau warum. In Indien haben wir eine Tour gemacht und dank unserem tollen Guide Bhagu unglaublich viel gelernt! Wir standen vor dem Taj Mahal, haben das Holi Festival erlebt, sind auf Kamelen geritten und haben in der Wüste gezeltet.
Indonesien: In Indonesien war ich endlich wieder tauchen und habe gleich zwei Dinge von meiner Bucket-List streichen können: Ich war mit Manta-Rochen tauchen und bin mit Schildkröten geschwommen! Zwei richtig tolle Momente dieser Reise!
Taiwan: Taipeh war nach langer Zeit die erste richtige Großstadt und auch sonst hatte Taiwan einiges zu bieten. Wir sind durch Schluchten gewandert, haben an einem wunderschönen Strand gelegen, sind durch große Städte gelaufen und zum ersten mal Tandem gefahren.
Südkorea: In Südkorea waren wir hauptsächlich in Seoul, aber Seoul hat es definitiv in die Liste meiner Lieblingsstädte geschafft! Außerdem waren wir an der Grenze zu Nordkorea und das war einfach nur beeindruckend, um es kurz zu fassen…
Japan: Japan war das letzte Land unserer Reise und eines, dass eigentlich auf dieser Reise gar nicht eingeplant war… In Japan waren wir wieder bereit Tempel zu sehen und was für welche! Außerdem stand Tokio schon lange auf meiner Bucket-List.
Mein Fazit zu unserer Weltreise
Ich merke, dass ich nicht gereist bin, um ein Foto vom Taj Mahal zu machen (auch wenn ich mir das natürlich nicht habe nehmen lassen), ich bin gereist, um zu lernen, um zu verstehen, um zu entdecken. Um Antworten zu finden auf all die Fragen, die diese vielfältige Welt jeden Tag aufwirft. Zurück komme ich mit Antworten, aber mit mindestens genauso vielen neuen Fragen. Und meine Liste mit Ländern, die ich noch bereisen möchte, die ist nicht kürzer, sondern nur noch länger geworden… Diese Weltreise hat mir gezeigt, dass das noch lange nicht alles war und ich möglichst viel reisen möchte, mehr von der Welt sehen möchte, um die wunderschöne Natur zu sehen, Kulturen zu verstehen, Menschen kennenzulernen und vor allem frei zu sein!
Denn genau das waren wir die letzten 300 Tage. Wir konnten jeden einzelnen Tag so richtig auskosten, das Leben so richtig leben. Denn von dem Tag an, als die Weltreise startete, konnten wir bestimmen, wie unsere Tage, wie unser neues Leben aussehen soll. Wir haben Verantwortung übernommen, für alles, was folgte. Wir bestimmten, wie wir lebten. Und das nicht nur nach Feierabend, sondern von morgens bis abends. Nicht zu wissen, was der nächste Tag bringt, nennen einige vielleicht Unsicherheit. Ich nenne es Luxus, denn nichts ist sicher, aber alles ist möglich!
Liebe Cosi, ich bin dir gerne auf deiner Reise durch die Länder und zu deinem Ich gefolgt. Deine Sicht auf die Länder, Menschen, Kulturen und die Natur waren eine Bereichung. Ganz häufig konnte ich beim Lesen deiner Reisebereichte mitreisen und mich vom Schreibtisch oder der Lehrveranstaltung entfernen. Danke dafür.