Novemberzeit ist Sommerzeit! Vielleicht nicht in Deutschland, aber in Äquatornähe: Für Cosi und mich geht es diesen Winter nach Gran Canaria! Übrigens nur mit Handgepäck! Schon seit längerem versuche ich, so gut es geht, der Sonne hinterher zu reisen, Gran Canaria hat sich für die diesjährige Winterflucht geradezu aufgedrängt: Nah am Äquator gelegen, ist es auf der Insel nahezu immer warm, zumindest aber angenehm. Die Flüge nach Gran Canaria sind günstig, die Insel ist es auch. Außerdem soll Gran Canaria auf wenig Raum viel zu bieten haben und sowieso: In der Ecke der Welt war ich noch nie… Also Rucksäcke gepackt und auf gehts!
Airbnb auf Gran Canaria: Die richtige Wahl
Nach wirklich sehr guten Erfahrungen in Wien, Prag und Australien haben wir uns auf Gran Canaria erneut für Airbnb entschieden. Für alle, die den Dienst tatsächlich noch nicht kennen: Privatleute bieten hier von kleinen Zimmern in ihren Wohnungen bis hin zu ganzen Häusern eine unglaubliche Palette von Unterkünften an, in die man sich über das Portal bequem einbuchen kann. In unserem Fall haben wir im Norden der Insel im beschaulichen Küstenörtchen Moya niedergelassen. Die Autobahn rund um die Insel ist nah aber unhörbar gelegen, der Atlantik brandet unüberhörbar und unaufhörlich gegen die mächtigen schwarzen Felsen aus erhärteter Lava. Hier wohnt Susanna und wir für die kommenden zwei Wochen bei ihr. Susanna bewohnt mit ihrer Tochter, Hund und Katze (beide seeehr verkuschelt) die unteren zwei Wohnungen eines dreistöckigen Hauses, wir dürfen das oberste Geschoss beziehen und staunen nicht schlecht, als wir nach einem fünfstündigen Flug und einer kurzen Autofahrt die Türe zu unserer Wohnung aufschließen:
Eine fast 26 Quadratmeter große Sonnenterasse direkt über dem Atlantik zu unserer linken, eine Bad mit Badewanne und Meerblick vor uns und eine kleine, voll eingerichtete Küche sowie ein geräumiges Bett zu unserer rechten. Frisches Obst, ein selbst gebackener Kuchen und eine Flasche Wein stehen zur Begrüßung für uns bereit. Einfach perfekt und an dieser Stelle eine absolute Empfehlung von uns! Susannas Bewertungen auf ihrer Airbnb Seite sprechen Bände (leider kann man Susannas Appartement derzeit nicht buchen, sie ist restlos ausgebucht und hat die Anzeige vorrübergehend aus dem Netz genommen). Noch besser ist aber die unglaubliche Herzlichkeit, mit der uns Susanna in den kommenden zwei Wochen beherbergen wird. Frei nach dem Motto "Mi casa es su casa" fühlen wir uns schon schnell mehr als Freunde denn als Gäste, Susanna hilft und unterstützt uns aufs Allerherzlichste (übrigens in sehr gutem Deutsch) bei all unseren Fragen und kleineren Hürden und ist auch so schon kurz nach der Ankunft eines unserer Highlights auf Gran Canaria.
Auf Gran Canaria ist ein Mietwagen ein Muss!
Entgegen unserer üblichen Urlaube haben wir uns diesmal für einen Mietwagen über die gesamten zwei Wochen auf der Insel entschieden. Gran Canaria ist durch seine vulkanische Beschaffenheit extrem bergig und vor allem, wie ein Vulkan, kreisrund. In Spanien übrigens oft leider üblich: Versuchte Abzocke bei Mietwagen. Besonders gerne werden einem völlig überflüssige oder sogar bereits bezahlte Versicherungen erneut angedreht. Keine Unterschrift, kein Schlüssel. Da wir uns diesen Stress gar nicht erst antun wollten, sind wir bei unseren Recherche auf den regionalen Anbieter Cicar gestoßen, den wir vollkommen unproblematisch, stressfrei und sehr günstig (19,00 EUR am Tag inkl. aller Versicherungen und Zweitfahrer, neuer Seat Ibiza) weiterempfehlen können!
Fast komplett um die Insel herum an der Küste entlang führt eine wirklich extrem gut ausgebaute, oft vierspurige Autobahn, über die man nahezu jedes Ziel innerhalb von 30 Minuten bis maximal anderthalb Stunden erreichen kann. Das ist die perfekte Dauer für uns, die wir bereit sind am Tag im Auto zu verbringen. Deutlich kniffliger wird es allerdings auf den kleineren Straßen: Die Serpentinen der Landstraßen sind zwar noch immer sehr gut ausgebaut, dennoch sehr oft eine Herausforderung für Mensch und Auto. Gran Canaria ist absolut keine Insel für Fahranfänger!
Okay, Auto und Dach überm Kopf haben wir! Was kann man denn auf Gran Canaria so machen? Wer bei der hügeligen Kanareninsel und dem sonnigen Novemberwetter jetzt an einen Strandurlaub mit weißen Stränden denkt, der wird auf Gran Canaria enttäuscht werden: Ein Großteil der Küsten besteht nur aus Felsen und steilen Klippen und ist quasi nicht passierbar. Die wenigen Strände sind oft, und da bin ich sehr kritisch, keine Augenweide und laden eher zum Weiterfahren denn zum Bleiben ein. Eine dieser Ausnahmen ist Maspalomas.
Die Sanddünen von Maspalomas
Während der Norden der Insel vom Tourismus weitestgehend verschont geblieben ist, reihen sich im Süden die Bettenburgen nur so aneinander. Der Süden ist aber auch, wen wunderts, gleichzeitig die Inselregion mit den meisten Sonnenstunden, dem besten Wetter uuuund… den besten Stränden. Und auch wenn wir uns von Massentourismus eher abgestoßen fühlen, verschlägt es uns doch recht schnell erst einmal ganz klassisch an den Strand und damit in den Süden. Maspalomas und das nahegelegene Playa del Ingles sind, und das merkt man sehr schnell, ein absolutes Lieblingsziel deutscher Rentner. Die ganze Ortschaft ist voller rentnerregechter Bürgersteige und Hauseingänge, voller "echter deutscher" Frisöre und diverser deutscher Fußballkneipen, Gasthäuser und so weiter und so fort.
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Auf den Straßen vor Maspalomas… -
…ist Rentnertainment allgegenwärtig -
Auch FKK gibt`s hier jede Menge
Für uns kein Ort zum Bleiben, wir machen uns lieber auf den Weg zu den berühmten Dünen. Gleich hinter der letzten Bettenburg von Maspalomas, dem Riu Hotel, befindet sich der "Eingang" zu den einmaligen Sanddünen von Maspalomas. Hier hört gefühlt für einen kurzen Moment die Zivilisation auf und die Wüste beginnt.
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Die Dünen von Maspalomas… -
…wirken wie aus einer anderen Welt
Saharawinde haben hier über Jahrtausende den Sand vom afrikanischen Kontinent über das Meer getragen und zu gigantischen Sanddünen aufgetürmt. Schon nach wenigen Schritten, wenn die Dünen die Geräusche verschlucken und das nahe Meer verstummen lässt, hat man hier das Gefühl, auf einem anderen Planeten, mindestens aber auf einem komplett anderen Kontinent zu sein: Der strahlend helle Sand, der tiefblaue Himmel. Das alles erinnert tatsächlich mehr an Afrika als an eine europäische Vulkaninsel. Übrigens kannst du hier für das richtige Wüstenfeeling sogar auf Kamelen reiten:
Das Paradies im Tal: Finca La Laja
Nach so viel Sand, Sonne und vor allem Wind beschließen wir, es am Folgetag ein wenig ruhiger angehen zu lassen. Auf Empfehlung unsere Gastgeberin Susanna statten wir dem Kaffee- und Weingut Finca La Laja einen Besuch ab. Hier, im Valle de Agaete gelegen, werden seit vielen Generationen jede Menge Obst, Wein und vor allem Kaffee angebaut. Auch wenn das Kilo Kaffee hier unglaubliche 80,00 EUR kostet, gibt's die persönliche Tour durch die Bodega inklusive Wein- und Kaffeetasting für sehr faire 6,00 EUR .
Mehr noch als die Liebe zum Anbau gefällt uns hier aber das Grundstück und das Gebäude an sich: Inmitten eines wunderschönen grünen Tals gelegen, zwischen zwei Vulkanen und neben einem kleinen Fluss liegt dieses blätterüberwachsene Paradies. Warum die Besitzer hier nicht selbst wohnen, sondern dieses schöne Fleckchen Erde lieber bestellen, verstehen wir beide nicht. Ich jedenfalls wäre hier sofort selbst eingezogen!
Playa Gui Gui: Der einsame schwarze Strand
Ein schwarzer Strand? Klingt das nicht spannend? Fanden wir auch und genau deshalb machen wir uns früh morgens auf den Weg dorthin. Eine unpassierbare Straße zwingt uns, einmal um die komplette Insel herumzufahren und uns dem Wanderweg von Süden zu nähern. Gerade einmal drei Kilometer sind es von der kleinen Ortschaft Tasartico, in der wir unser Mietwägelchen abstellen, bis zum schwarzen Strand. Warum bitte also geben sämtliche Websites und selbst unser Wunder-Wandernavi Maps.me die Wanderdauer mit über drei Stunden je Strecke an!? Lächerlich, denken wir uns und machen uns frohen Mutes auf den Weg, kann ja so der Aufwand nicht sein…
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Anfangs noch mit dem Auto… -
…dann auf dem Bergkamm… -
…und dann verzweifelt!
Doch, kann es! Denn dass es sowohl hoch als auch runter jeweils knapp eintausend Höhenmeter zu bewältigen gilt, das hatte uns turnschuhtragenden Möchtegernwanderern leider niemand vorher gesagt. Hab ich mich anfangs noch über den Opi hinter uns mit Wanderhut, Wanderstöcken und monstermäßigen Wanderschuhen amüsiert, so zieht er nicht mal eine halbe Stunde nach dem Start unserer Wanderung elegant an uns vorbei. Peinlich aber verdient!
Fakt ist: Die Wanderung zum Playa de Gui Gui ist auch im November eine echte Tortur! Hin und zurück dauert es knapp sechs Stunden. Auch kann man sich auf der Wanderung kaum Zeit lassen, da der Strand nur bei Ebbe überhaupt sichtbar ist und die wartet leider nicht auf arme Wanderer wie uns. Gerade als wir dachten, wir kommen niemals an, taucht vor uns eine Holzhütte mit einladendem Wegweiser auf. Bitte!? Wir sind im absoluten Niemandsland, hier kann doch nicht ernsthaft jemand wohnen? Doch, das tut tatsächlich jemand. Und zwar ein Einsiedler, der sich dort mit seiner Familie niedergelassen hat und Wanderern eine kleine Erfrischung anbietet.
Von der Hütte des Einsiedlers ist es dann auch nur noch ein Katzensprung zum schwarzen Strand und nachdem wir uns eine weitere Viertelstunde durch dichtes Dickicht geschlagen haben, erreichen wir nach Stunden des Bergwanderns endlich den Strand:
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Am Playa Gui Gui… -
…ist der Sand tiefschwarz… -
…und der Strand menschenleer…
Der Sand ist tatsächlich tiefschwarz, der Strand fast menschenleer, die Wellen hoch und die Sonne warm. Nur ein paar ganz Harte haben sich dort vor einer Art Höhle ein Lager errichtet, das mich stark an die Fernsehserie Lost erinnert. Könnte aber auch Adam sucht Eva sein, denn die Herren laufen gebräunt und splitterfasernackt über den schwarzen Sand. Skurril…
Davon abgesehen genießen wir Sonne und Wellen an diesem späten Novembertag. War das die Mühe wert? Zumindest bis dorthin muss man sagen: Ja. Doch schon auf dem Hinweg graute es mir vor dem Rückweg und tatsächlich, zurück ist der Weg noch deutlich fieser als hin. Also: Entweder hast du Wanderwaden oder ne Menge Ausdauer. Im Idealfall aber beides, wenn du dich auf den Weg zu Gran Canarias einsamsten Strand machst.
Wandern am Vulkan: Der Bandama Krater
Wie schon gesagt ist Gran Canaria vulkanischen Ursprungs. Die ganze Insel ist übersät mit Vulkanen, gigantischen schwarzen Gesteinsbrocken und vor allem mit jeder Menge Geröll. Anfangs dachten wir noch, das wäre alles eine riesengroße Menge Bauschutt, mussten aber später feststellen, dass es einfach Vulkangestein ist. Schön siehts jedenfalls nicht aus.
Dass Vulkangestein aber auch schön sein kann, entdecken wir am Folgetag im Bandama Krater im Nordosten der Insel. Ein Wanderweg führt hier etwa drei Kilometer Rund um den Krater, quasi auf dem Kraterrand. Ein weiterer Weg führt in den Krater. Wir entscheiden uns für den Weg auf dem Vulkankrater und wieder einmal sind wir auf der knapp zweistündigen Wanderung ganz alleine. Die Wanderung um den Bandama Krater ist definitiv eine, bei der es verhältnismäßig wenig zu laufen, aber umso mehr zu sehen gibt. Ein beeindruckender Krater zur Linken, tiefe Abgründe zur Rechten, das Meer am Horizont, die Insel zu Füßen.
Die Perle von Las Palmas ist Vegueta
Du erahnst es sicher: Städtetechnisch hat die Insel nicht allzu viel zu bieten. Im Süden gibt es da das Rentnerparadies Maspalomas mit Bettenburgen und Ballermann-Flair, Gay-Beach und Senioren-FKK, im Nordosten liegt die Hauptstadt Las Palmas. Die Stadt ist ein verkehrsverstopftes, versmoktes, vollgebautes, lautes und stinkendes Molloch und definitiv keinen Besuch wert. Wäre da nicht Vegueta, die Altstadt.
Immer Donnerstags ab 20 Uhr strömen dort Massen von Menschen auf die Straße und nehme an der sogenannten Tapasnacht teil. Die vielen hundert Lokale öffnen ihre Pforten, stellen ihre Stühle auf die Straße und bietet eine unendliche Vielfalt an Tapas zum Probieren und Genießen an. Ein Tapas gibt es hier etwa für sagenhafte 1,50 Euro, ein Tapas mit Bier oder Wein für nur 2,50 Euro. Wie gut die Tapas sind, das kann man sich denken. Aber auch darüber hinaus ist Vegueta ein schönes Fleckchen: Alte Häuser aus der Zeit von Kolumbus säumen die Straßen, vereinzelt hört man Straßenmusikanten und hinter dem einen oder anderen offenen Tor versteckt sich ein niedliches Café.
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In der Altstadt von Las Palmas… -
…versteckt sich der ein oder andere Hinterhof!
Gran Canaria hat uns überrascht. Es ist landschaftlich weniger schön, als wir dachten. Dafür ist es wesentlich sonniger und wärmer. Das Wasser ist weniger blau, die Erde schwärzer, die Berge höher und die Täler tiefer. Die Städte sind voller, die Dörfchen leerer. Aber vor allem ist die Insel erstaunlich vielseitig je nach dem, wo auf ihr man sich gerade befindet. Im Norden kann das stärkste Unwetter toben, während sich im Osten rüstige Rentner im Stundentakt beim Sonnenbrutzeln wenden. Aber eines steht fest: Um wirklich nur am Strand zu liegen, ist Gran Canaria einfach zu schön!
Richtig schön geschrieben und tolle Bilder, macht richtig Lust selbst hinzufahren!