Karijini

Karijini: Australiens einsamster Nationalpark

Der Karijini Nationalpark und unser Besuch bei Prinz Leonhard von Hutt River

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Gut, dass wir mutig waren. Nördlich von unserem Stop drohte unsere Reise schon zu platzen. Mehrere Reisende berichteten uns von einer nie da gewesenen Sandfliegen-Invasion im Norden der Westküsten. Genau der Norden, wo wir uns die nächsten zwei Wochen aufhalten wollen. Sandfliegen sind per se erst einmal ungefährlich, ihre Stiche jucken allerdings erbärmlich und dutzendfach schlimmer als ein normaler Mückenstich. Auch hält der Juckreiz über Wochen an und die Biester sind so klein, das sie mühelos durch Fliegengitter passen. Insektenmittel sind nahezu wirkungslos gegen sie und einmal eingenistet, wird man sie ähnlich schwer wieder los, wie Bettwanzen… Ich selbst durfte auf der neuseeländischen Südinsel schon mehrmals Bekanntschaft mit ihnen machen und hatte dementsprechend wenig Interesse, das noch einmal zu erleben.

Trotz der Warnungen entscheiden wir uns, gen Norden zu fahren. Zu viel Gutes haben wir von dort gehört und so weit in diese Einsamkeit wagt man sich wahrscheinlich an diesem Teil der Welt auch kein zweites Mal, dafür ist es einfach zu abgeschieden.

Ich hatte mich ja in meinem vorherigen Artikel schon ausschweifend über die Einsamkeit an diesem Teil der Erde geäußert aber sie ist es tatsächlich, die hier das Bild der Landschaft, der Tiere und auch der Menschen bestimmt. Alles ist so unglaublich weit weg, so wahnsinnig einsam und dabei so wunderschön. Wir wandern an dem bisher heißesten Tag unserer Reise bei gnadenlosen 56 Grad in der Mittagshitze. Noch nie habe ich fünf Liter Trinkwasser so schnell verbraucht gesehen. Selbst den Kängurus ist es zu heiß und so finden wir sie nur in der Ferne in ihren natürlichen Höhlen oder unter Schattigen Bäumen. Für FlipFlops ist es zu heiß, sie würden uns unter den Füßen wegschmelzen. Der Ausblick und die gnadenlose Stille ist es aber wie immer auf diesem Kontinent absolut wert.

Nach diesem Stop an der Westküste Australiens schlagen wir die Abzweigung des North West Costal Highway gen Osten ein. Osten? Genau, es geht ins Landesinnere. Unser Ziel: Der Karijini Nationalpark. Tausende Kilometer einsames Geradeausfahren liegt nun vor uns. Zivilisation wird es hier noch weitaus weniger geben als sie uns an der Küste begegnet ist. Der Sand wird roter, die Landschaft wird einsamer, monotoner aber nicht weniger schön. Geradeaus, unendlich geradeaus geht es. Ein Highlight dieser Route ist für uns die wahrscheinlich einsamste Toilette der Welt mitten im absoluten Nirgendwo:

Karijini
Die wohl einsamste Toilette der Welt…
Karijini
Unser Auto mitten im Nirgendwo

Gehalten wird auf strom-, wasser-, und menschenlosen, dafür aber von Fliegen völlig übervölkerten Rastplätzen am Straßenrand. Diese Sandpisten am Straßenrand tauchen etwa alle einhundert Kilometer auf und bieten den wenigen Fernfahrern die Möglichkeit, nicht übermüdet mit einem 60 Meter langen Lastwagen (Roadtrain) diese enormen Strecken bewältigen zu müssen. Gekocht wird auf einem Gaskocher, geduscht –wenn überhaupt– mit vorher abgefülltem Leitungswasser. Man glaubt gar nicht, wie schwer es sein kann, mit nur drei Litern Wasser zu duschen. Sich danach sauber fühlen: Ein Ding der Unmöglichkeit.

Karijini
Termitenhügel in der absoluten Einsamkeit

Der Karijini Nationalpark

Tausende Termitenhügel säumen das Landschaftsbild von Horizont zu Horizont, als wir nach tagelanger Fahrt ins Landesinnere den berühmten Karijini Nationalpark betreten. Er bietet eine spektakuläre, raue Kulisse mit uralten geologischen Formationen. Er erstreckt sich über 6.274 Quadratkilometer und ist damit einer der größten Nationalparks Westaustraliens. Die trockene, staubige Steppe dieses Hochplateaus wird durchzogen von spektakulären Flussläufen, die plötzlich in hunderte Meter tiefe tiefe Schluchten stürzen und Bassins füllen, in denen das klare, frische und erstaunlich kühle Wasser für eine einzigartige Flora und Fauna sorgt.

Karijini
Schöner einsamer Karijini Nationalpark…

Vier Tage halten wir uns im einsamen Karijini Nationalpark und der angrenzenden Kleinstadt, mit dem etwas seltsamen Namen Tom Price, auf. Einige spektakuläre Ausblicke warten auf uns, die Hitze und vor allem die außergewöhnliche Trockenheit dieser Saison zwingen uns aber schon bald zum gemächlichen Rückzug. Sandfliegen gab es übrigens absolut gar keine. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

Principality of Hutt River

Was macht man, wenn man eine Farm mit der Grundfläche von Hongkong besitzt, sein ganzes Leben noch vor sich hat, ein Eigenbrötler ist und zudem noch seit Jahren mit der Regierung seines Landes im Streit liegt? Richtig! Sein eigenes Land gründen und das auch noch ernst meinen. So geschehen vor fast vierzig Jahren am beschaulichen Flüsschen Hutt River irgendwo im Niemandsland zurück in der "Nähe" der australischen Westküste. Dreißig Menschen und dreißigtausend Schafe sollen hier leben. Das lese ich, als wir nach einer gefühlten Ewigkeit über einsame Staubstraßen an der "Landesgrenze" einrollen. Wir entdecken genau einen Menschen und das ist Prinz Leonhard von Hutt River. Ein faszinierender alter Mann, Staatsoberhaupt und Staatsgründer von Hutt River. Er freut sich sehr über unseren Besuch und gibt uns neben einer Privataudienz auch gleich einen kleinen Rundgang durch sein Museum, die Geschichte seines Staates und sein persönliches Schicksal. So sehr hier auch der Gedanke aufkommen mag, man habe es mit einem schrulligen alten Mann zu tun, so aufgeweckt ist er aber doch. Und er meint es tatsächlich Ernst: Eigene Flagge, eigene Währung, eigene Briefmarken, eigener Staats-Rolls-Royce, eigene Religion ja sogar ein Rotes Kreuz gibt es in Hutt River nebst eigener Spendenbox.

So viel, wie man in seinem kleinen Souvenirshop kaufen möchte, kann man gar nicht tragen. An die Bequemlichkeiten Australiens durch eine Kreditkarte gewöhnt, können wir hier nur knapp vierzehn australische Dollar lassen denn natürlich hat hier keine Australische Bank einen Automaten oder eine Telefongesellschaft ein Kabel gelegt, es ist schließlich nicht wirklich Australien… Eigentlich ist es das schon aber nach langem hin und her hat sich der Staat Western Australia dazu hinreißen lassen, dem Staatsmann die Staatsbürgerschaft zu entziehen und ihn fortan dort im Outback sein Ding machen zu lassen. Mit seinen alternden Händen blättert Prinz Leonhard lebhaft und beeindruckt durch meinen mittlerweile prallgefüllten Reisepass, lächelt, als er den australischen Einreisestempel sieht und sagt mir mit einem breiten Grinsen auf den Lippen: "Daneben setze ich meinen Stempel besonders gerne!" und stempelt mir promt einen Einreisestempel für die Hutt River Province in den Pass. Dieses Recht hat er von der australischen Regierung tatsächlich erstritten und so darf ich mich jetzt mit dem wohl seltensten Einreisestempel der Welt rühmen. Eine wundervolle Geschichte und ein beeindruckender und gar nicht so verrückter Mann!

Prinz Leonhard
Handshake mit Prinz Leonhard

Wenn es am schönsten ist…

Schon seit längerer Zeit begleitet mich trotz all der wundervollen Erfahrungen, toller Momente und dankbaren Augenblicke ein relativ zermürbender Mix aus Reisemüdigkeit und Hummeln im Hintern. Dieses Gefühl wurde in den letzten Monaten kontinuierlich stärker und so beschließe ich nach langem Zögern, meine Reise früher enden zu lassen. Fast zehn wundervolle Monate voller magischer Momente und toller Menschen haben so viele Erinnerungen und Erlebnisse in mir gefunden, dass ich nicht mehr fähig bin, Neues aufzunehmen. Eine große Zusammenfassung nebst Abschlussvideo wird hier natürlich in Kürze folgen!

Die Entscheidung fällt an einem heißem Tag im australischen Niemandsland. Wieder ein staubiger Weg, links und rechts gesäumt von hohem, trockenen Gras. Die Sonne steht hoch, die Schäfchenwolken ziehen rasch. Dies ist ein schöner Ort und dies ist ein schöner Weg. Aber es ist ein Weg zu viel. Wie sagte Goethe noch?

"Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen."

Karijini
Es war ein weiter Weg aber manchmal muss man umdrehen…
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