Vietnam empfängt mich um 5 Uhr frühester Stunde wie es in dieser Zeit so viele Länder tun: Mit Unmengen von Regen! Als ich mit dem Flughafentaxi vor dem Hotel halte, stehen die Straßen knietief unter Wasser. Es ist mir ein Rätsel, wieso der gemeine Vietnamese seinem Alltag dennoch weiter nachgehen kann, als wäre nichts gewesen. Die winzigen Straßen in der Altstadt von Hanoi quillen über von geschäftigen Menschen, verwirrten Touristen und halsbrecherisch fahrenden Mofas. Eine Mitreisende sagte mal, sie sei stolz, den Verkehr in Hanoi unbeschadet überlebt zu haben. Nun verstehe ich ihre Aussage: Es gibt keine Verkehrsregeln, jeder – aber wirklich jeder – hupt was das Zeug hält und fährt kreuz und quer, Ampeln oder Zebrastreifen sind wenn überhaupt vorhanden nur Zierde. Einfachster Tipp zum Überleben: Die Straße überqueren und nicht anhalten oder schneller laufen. Ich für meinen Teil habe für mich entdeckt, beim Überqueren der Straße die Augen zu schließen weil ich sonst den Stresstod sterben würde, das funktioniert erstaunlich gut!
Am nächsten Abend treffe ich auf meine Reisegruppe. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen! Ein belgisches, ein kanadisches und ein amerikanisch-australisches Pärchen, zwei Däninnen, drei Engländer und -innen, eine Australierin, ein Australier und eine Deutsche. Was mich erstaunt: Die Altersspanne reicht von 19 bis 72 Jahre und das ist sehr sehr unterhaltsam und lustig! Besonders Chris, der 68-jährige Opi aus Australien hat es mir irgendwie angetan. Aber auch mit zwei Mädels aus Kopenhagen und Emina aus Australien verstehe ich mich sehr gut und schon am ersten Abend steht fest: Emina werde ich in Melbourne wiedersehen und mir von ihr die Stadt zeigen lassen.
Nach einem laufreichen Tag in Hanoi mit vielen Hintergrundinformationen durch Quan, unseren ausgesprochen kecken und witzigen vietnamesischen Tourguide sind wir alle froh, am Abend im Nachtzug in das beschauliche Sapa zu sitzen. Zwar stresst Hanoi nicht ansatzweise so sehr wie Bangkok, dennoch sind asiatische Großstädte wirklich Gewöhnungssache.
Das beschaulich-wunderschöne Sapa
Nach einer Nacht in besagtem Zug und einer einstündigen Busfahrt in die Berge erreichen wir am frühesten Morgen das Bergdorf Sapa. Würde die atemberaubende Aussicht nicht von unendlich vielen Reisterassen geprägt sein, es könnten auch die schweizer Sommeralpen sein. Verstärkt wird der Eindruck noch durch die Tatsache, dass Sapa vor nicht einmal 20 Jahren von Franzosen gegründet und erbaut wurde. Und so findet man nebst französischer Kollonialarchitektur auch jede Menge französische Bäckereien und andere kleine Merkmale der Besatzer. Sowieso wirkt das Städtchen erstaunlich europäisch. Wie uns unser Guide erklärt, war genau das der Grund für die Errichtung der Stadt, denn auch das Klima hier ist sehr europäisch: Tagsüber steigen die Temperaturen kaum über 30 Grad, nachts pendeln sie bei angenehmen 16 Grad. Eine willkommene Seltenheit in Asien! Leider jedoch herrscht auch hier eine Luftfeuchtigkeit von nahezu 100% und so wird auch hier nichts trocken, was einmal nass war…
Noch am gleichen Tag nach einer Stärkung beginnt unsere Trecking-Tour durch das Gebirge. Den ganzen Tag geht es über Stock und Stein, Flüsse und Bäche, Berge und Täler. Ziel ist ein Bergdorf, wo wir bei einer typisch vietnamesischen Familie übernachten. Ohne Strom, ohne Internet. Wer mich kennt, wird sich jetzt fragen: Wie hat er das überlebt? Um ehrlich zu sein ist es ein absoluter Segen fürs Gemüt und ich werde versuchen, das in Zukunft öfters so zu handhaben.
Angekommen im familiären Häuschen in einem kleinen Reisbauerndorf nahe der chinesischen Grenze irgendwo im Nirgendwo werden wir von einer herzlichen Familie und einer Vielzahl von Tieren empfangen. Ich schließe sofort Freundschaft mit einer niedlichen Ente und werde wenig später Zeuge, wie aus dem Federvieh unser Essen wird, sie schlagen ihr vor meinen Augen den Kopf ab. Landleben. Das Essen ist mal wieder absolut königlich und auch wenn ich an dem Abend aus Respekt vor den Toten auf Ente verzichte, so hauen wir alle doch ordentlich rein. In der Dämmerung springen wir noch schnell zur Abkühlung in die Stromschnellen des Bergflusses und genießen die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Es folgt ein heiterer Abend mit einer ganzen Menge Reiswein aufs Haus (es nennt sich Wein, kommt aber mit etwas über 40% Alkohol daher) und internationalen, mit zunehmendem Alkoholpegel immer dämlich werdenden Trinksprüchen und mehreren Chili-Contests, dessen grandioses Finale auf Video festgehalten wurde! Leider habe ich auf dieser Tour aber kaum Zeit und so muss ich es für später vorhalten…
Am nächsten Morgen wache ich mit einer starken Erkältung, Schüttelfrost, Hitzewellen, Halsschmerzen und Kopfschmerzen auf und die folgenden 24 Stunden sind für mich nur noch mit einer Menge Paracetamol halbwegs zu ertragen. Das war dann wohl die späte Rache des Bergflusses und der Tatsache, dass in diesem Breitengrad nichts irgendwie jemals trocken wird. Zum Glück steht heute nur noch die Rückfahrt nach Hanoi und die anschließende Weiterfahrt im Bus in die weltbekannte Ha Long Bucht an. Dort werden wir zwei Tage auf einem Boot durch die zweitausend Inseln dieses Naturwunders fahren. Ich mag Berge aber ich liebe das Meer und so geht es mit einem Lächeln auf den Lippen weiter, als der Bus durch die Wolken gen Tal stößt.
wo /wie hast du denn die tour gebucht?