Wenn dir ein Myanmar-Reisender von seinen Erlebnissen in Myanmar berichtet, dann darf die Wanderung zum Inle-See nicht fehlen. Über kurz oder lang landet jeder Tourist in diesem schönen Land nämlich an diesem See. Ob du jedoch mit dem klimatisierten Bus dort hinfährst, dir einen Inlandsflug nach Heho nimmst, oder eben deine sieben Sachen packst und dort hinstiefelst, das kann jeder Reisende für sich entscheiden. Die mit Abstand beliebteste Art und Weise, zum Inle-See zu gelangen, ist jedoch eine dreitägige, 70-Kilometer-Wanderung. Ja genau: Siebzig. Warum man so irre sein sollte, warum sich das absolut lohnt, was du beachten musst und wo du diese Tour unserer Meinung nach am besten buchen kannst, das möchte ich dir heute erzählen.
Ausnahmslos alle Wanderungen zum Inle-See starten in dem seltsamen Örtchen Kalaw. Dort hin kommt man von Mandalay oder Bagan bequem für wenige Euronen mit dem Minivan. Seltsam ist der Ort deshalb, weil er sich als einer der ersten Orte in Myanmar komplett auf den Tourismus eingestellt hat. Das Land ist im Kommen. An jeder Ecke kann man entweder Essen, Trinken, Feiern oder eben eine Wanderung buchen. Es ist nicht schön, aber es ist zweckmäßig in Kalaw. Gute Unterkünfte scheint es hier übrigens nicht wirklich zu geben. Man weiß wohl, dass so ziemlich jeder Gast nur eine Nacht bleibt und nicht wiederkommen wird. Das dachte sich übrigens vermutlich auch mein Frisör dort: Aus nicht näher ausgeführten Gründen jedenfalls gibt es diesem Artikel nur Bilder von mir, die mich nicht von hinten zeigen. Wächst alles wieder nach…
Wo die Wanderung zum Inle-See buchen?
Das ist die große Frage, die sich auch uns stellt. Noch schlimmer als keine Auswahl ist es nämlich, wenn es zu viel Auswahl gibt. Die Wanderungen kosten alle nahezu gleich viel, haben alle ähnliche Bewertungen bei Tripadvisor und bieten so ziemlich alle den gleichen Leistungsumfang (Stand 2018):
Drei Tage Wanderung zum Inle-See
Tag 1: 26 KM Wanderung, Mittagessen, Abendessen, Übernachtung bei einer Familie
Tag 2: 28 KM Wanderung, Frühstück Mittagessen, Abendessen, Übernachtung bei einer Familie
Tag 3: 16 KM Wanderung, Frühstück, Mittagessen, Bootstransfer über den See
Gepäck wird direkt in dein Hotel am Inle-See transportiert, nur leichter Rucksack beim Wandern
Kosten: 30,00 USD (ca. 27,03 Euro) (was ein unfassbar niedriger Preis…)
Wem die Wanderung zu lange dauert oder wer einfach mehr in weniger Zeit sehen möchte für den gibt es die 2-Tage-Wanderung:
Zwei Tage Wanderung zum Inle-See
Tag 1: 28 KM Wanderung, Mittagessen, Abendessen, Übernachtung bei einer Familie
Tag 2: 16 KM Wanderung, Frühstück, Mittagessen, Bootstransfer über den See
Gepäck wird direkt in dein Hotel am Inle-See transportiert, nur leichter Rucksack beim Wandern
Kosten: 23,00 USD (ca. 20,72 Euro) (was ein unfassbar niedriger Preis…)
So gab auch am Ende unserer kleinen Kalaw-Tour durch die verschiedenen Anbieter das Bauchgefühl den Ausschlag und wir entschieden uns für Sam’s Travel und haben diese Entscheidung nicht bereut.
Die Drei Tage Wanderung zum Inle-See beginnt
Am frühen Morgen stehen wir vor Sams’s Tür. Zusammen mit etwa dreißig anderen Wanderwilligen werden wir in Gruppen von je fünf Wanderern und einem Guide eingeteilt. Der kleine, rundliche Sam, der sich selbst „Uncle Sam“ nennt, eiert zu jeder Gruppe und schwört sie mit übermäßig betonten Worten auf die kommenden Tage ein. Sein Englisch klingt ein bisschen wie das von Meister Yoda und ein bisschen sieht er auch so aus: „Haltet eure Augen offen, ihr werdet vieeel entdecken, haltet eure Köpfe frei, dann werdet ihr zufrieden sein…“ Sam, wir gehen wandern und werfen keinen Ring in den Schicksalsberg…
Unser Guide ist eine junge, 22-jährige Burmesin, deren Namen ich leider weder aussprechen, noch mir merken kann. Aber schon nach wenigen Metern merken wir, wie viel Spaß sie an ihrem Job hat und wie fröhlich sie ist, kommt sie doch selbst aus einem der umliegenden Dörfer. Als Tochter zweier Bauern in einem der ärmsten Länder der Erde hat sie es geschafft, Philosophie zu studieren, was in Myanmar mehr als bemerkenswert ist.
Unsere Fünfergruppe besteht aus uns, zwei Dänen und einem US-Amerikaner. Heute, am ersten Wandertag, stehen etwa 26 Kilometer auf dem Programm. Die ganze Wanderung ist relativ flach ausgerichtet, die meiste Steigung gibt es jedoch am ersten Tag. Bei 30 Grad, Sonne und leichtem Wind ist das zwar verhältnismäßig angenehm zu erwandern, der schwere Rucksack allerdings und die Steigung bringen uns schnell zum Schwitzen und aus der Puste. Nachdem die ersten Kilometer geschafft sind, erwartet uns unser Mittagessen auf dem Gipfel eines Berges mit grandioser Aussicht. Ein kleines, niedliches Restaurant mit simplen Holzstühlen und Holzschirmen wird von einer nepalesischen Familie geführt und so ist unser erstes Essen auf dieser Wanderung ein Nepalesisches:
Gestärkt mit wunderbarem, nepalesischem Essen, geht es weiter: Nun bergabwärts. Wir durchqueren unendliche Reisfelder und Chili-Plantagen und merken regelrecht, wie wir langsam in das burmesische Landleben eintauchen: Strom gibt es hier schon keinen mehr, fließendes Wasser auch nicht und auch an Handyempfang ist natürlich nicht mehr zu denken. Weiter weg von Deutschland, denke ich, kann man emotional vermutlich just in diesem Moment nicht sein, als wir es gerade sind.
Immer wieder gelangen wir in kleine, ganz einfache Dörfer. Oft bestehen die Häuser hier nur aus einfachen, zusammengehämmerten Brettern, das Wasser ist hier im Hochland aus Regenwasser zusammengesammelt. Was hier passieren würde, würde es plötzlich nicht mehr regnen, möchte ich mir nicht vorstellen. Unser Guide spricht all die verschiedenen Sprachen, die die Einheimischen hier seit aberhunderten von Jahren sprechen, fließend. In jedem Dorf, in das wir gelangen, springen Kinder freudestrahlend auf sie und uns zu, umzingeln uns und bombadieren unseren Guide mit Fragen, die sie übersetzt und wir antworten. Schon bei den Kindern angefangen sind Burmesen, so wirkt es auf uns, ein unfassbar herzliches, bescheidenes und zufriedenes Volk. Es mag Ausnahmen geben aber wir werden im ganzen Land mit ihrer Herzlichkeit geradezu infiziert.
Einige Stunden weiterer Wanderung erreichen wir am späten Nachmittag des ersten Tages unsere Unterkunft. An einem kleinen Hügel liegt ein winziges Dorf, Strom und fließend Wasser gibt es auch hier nicht. Unser Gastgeber heißt uns herzlich willkommen, wir ziehen aus Respekt unsere Schuhe aus und betreten das Haus. Ich glaube allerdings, es wäre respektvoller gewesen, wenn wir unsere geschundenen Käsefüße in den Schuhen belassen hätten. Wir steigen eine kleine Holztreppe hinauf und finden fünf dünne Schaumstoffmatratzen und dutzende Decken vor. Vor dem Haus hat sich derweil das Dorf versammelt und spielt ein Spiel, dass ich wohl am ehesten als Fußvolleyball bezeichnen würde.
Während die Sonne langsam hinter den Bergen verschwindet und die Temperatur mit jeder Sekunde zu fallen scheint, inspizieren wir schon einmal das, was uns als Toilette und Dusche auf diesem Ausflug erwartet. Bei Temperaturen, die sich Nachts knapp über dem Gefrierpunkt bewegen, ist an Duschen in solch einer Dusche nur schwer zu denken. Wir machen es dennoch und sind heilfroh, als unser Gastgeber direkt nach dem „Duschen“ ein Feuer entzündet hat, an dem wir uns wärmen können.
Nachdem wir uns aufgewärmt haben, ist die Sonne untergegangen. Mit einem wohlverdienten Myanmar-Bier (das ich nur empfehlen kann), stiefeln wir für heute erneut die letzten Treppenstufen hinauf. Das einzige Mobilar im Raum, ein simpler Tisch, ist vollgepackt mit dampfenden, warmen Speisen und in der Mitte bloß einer einzigen Kerze. Der Rest des Raumes ist in tiefste Schwärze getaucht und ich glaube nach über sechsundzwanzig Kilometern Wanderung hat uns selten ein Essen so gut geschmeckt. Das typische, Burmesische Curry gilt als eines der mildesten Essen in Asien. Zwar würzt man in Myanmar gerne, aber nicht unbedingt mit Schärfe. Okraschoten, Blumenkohl, Sojasprossen, Glasnudeln und allerlei anderes Zeugs, das wir nicht kennen und dessen Namen wir vermutlich auch niemals erfahren werden. Während des Essens herrscht völliges Schweigen. Zu gut ist das Essen und zu nötig ist es auch.
Nach diesem idyllischen Abendmahl brauchen wir nur noch hintenüber auf unsere dünnen Matratzen zu kippen und es dauert auch nur wenige Sekunden, bis wir alle fünf in einen tiefen Schlaf versunken sind…
…wie es aussieht, wenn Kühe in Myanmar Pullover tragen und warum Fischer am Inle-See auf einem Bein stehend fischen, das erfährst du im zweiten Teil dieses Artikels!