Als wir am Morgen aufwachen, spüren wir in jedem Muskel, dass wir gestern 12 Stunden lang auf einen Vulkan gewandert sind. Die Wanderung auf den Conception auf Isla Ometepe war atemberaubend und mörderisch anstrengend und das merkt spätestens jetzt auch unser ganzer Körper. Von unserem lieben Hostel-Besitzer Mauro verabschiedet, geht es für uns mit dem TukTuk zur Fähre und wieder zum Festland. Dort steht bereits ein recht voller Chicken Bus, der uns für schlappe 2,00 USD (ca. 1,80 Euro) an unser nächstes Ziel bringt: Die Kolonialstadt Granada!
Haben wir in Kolumbien und Panama schon öfter Busfahrten in alten amerikanischen Schulbussen erlebt, so erfahren wir heute, warum die Busse vor allem in Nicaragua "Chicken Bus" genannt werden: Wir ergattern glücklicherweise noch einen Sitzplatz, stellen aber schnell fest, dass hier auf Bänke für normalerweise zwei Personen auch locker drei oder vier Menschen passen und wenn im Gang schon 30 Leute stehen, dann passen mindestens noch weitere 20 hinein… So ungefähr kannst du dir eine Fahrt in einem echten Chicken Bus vorstellen. Alle hundert Meter hält der Bus an und es steigen neue Leute ein, aussteigen will scheinbar niemand und so wird es voller und voller, bis der Fahrer irgendwann irgendsowas wie „Granada“ schreit. Zu unserem Glück wollen nahezu alle Fahrgäste aussteigen, ich weiß nicht, wie wir sonst aus diesem Bus herausgekommen wären…
Ruhe im Innenhof der Kolonialhäuser
Nach einer weiteren Fahrt mit dem TukTuk erreichen wir unsere Unterkunft für die nächsten fünf Tage: Die Casa Cuiscoma. Standen wir eben noch mitten in einer lauten Straße mit wuseligem Markt, wird es plötzlich richtig, richtig ruhig. Das Casa Cuiscoma hat, wie für Kolonialbauten typisch, einen wunderschön grünen Innenhof und die Fenster unseres Zimmers zeigen genau in diese Richtung. Das Internet ist auch richtig schnell, die Dusche hat warmes Wasser, das Bett ist bequem und wir sind mehr als zufrieden. Den Rest des Tages verbringen wir - aufgrund des Muskelkaters - hauptsächlich in unserem schönen Zimmer.
Unsere erste Nacht gestaltet sich dann leider nicht so erholsam wie erhofft, der Grund: Genau während unserer Zeit in Granada findet das La PurĂsima statt. Ein Fest zu Ehren der Jungfrau Maria. Während des zweiwöchigen Festes fahren bunt geschmĂĽckte Wagen durch die StraĂźen, es wird Musik gespielt und getanzt. Hört sich eigentlich ganz schön an, doch offensichtlich findet das Fest vor allem Nachts statt und zu jeder vollen Stunde gibt es ein Geballer, wie bei einem Feuerwerk. Nur leider ohne die schönen Lichter und nur mit dem lauten Knall… Entsprechend wenig Schlaf bekommen wir während der gesamtem fĂĽnf Nächte und ich kann dir daher nicht empfehlen zwischen dem 27.11. und 09.12. nach Granada zu fahren…
Das bunte Treiben von Granada
Am nächsten morgen stürzen wir uns daher etwas unausgeschlafen, aber trotzdem gut gelaunt in das Getümmel der kleinen Gassen der Stadt. Direkt vor unserer Unterkunft findet jeden Tag ein großer Markt statt: Hier gibt es von Obst und Gemüse, über komplette Gerichte, Klamotten und Elektronik wirklich alles zu kaufen! Zu unserem Erstaunen schafft es der Chicken Bus übrigens trotzdem die gleiche Straße zu nutzen und sich durch die Menschenmengen zu quetschen: Tja, das ist Nicaragua!
Wir quetschen uns zwischen den Menschenmassen hindurch, laufen durch schmale Gassen und entdecken hinter jeder Ecke neue, richtig schöne Gebäude. Im Gegensatz zu Cartagena in Kolumbien, wo wir bereits viele Kolonialhäuser bestaunt haben, besteht in Granada nicht nur die Altstadt aus den bunten Häuschen, sondern die komplette Stadt. Jedes Haus hat seine eigene Farbe und alle Häuser sind richtig gut restauriert. Und was auch sofort auffällt: Die Stadt ist total sauber! Auch, wenn wir nicht einen Mülleimer entdecken, liegt nirgendwo Müll herum und fleißige Männer sind den ganzen Tag dabei die Fußwege und Straßen zu säubern.
Nach etwa zehn Minuten Fußweg erreichen wir den Parque Central, einen kleinen Marktplatz mit einer knallgelben Kathedrale und feinsäuberlich geschnittenen Bäumen. Vor der Kathedrale stehen geschäftige Verkäufer mit ihren bunten Wagen und versuchen ihre Kekse und Getränke zu verkaufen. Teilweise sehen wir auch Kinder an den kleinen Wagen stehen, die natürlich viel mehr verkauft bekommen, als die alten Männer.
Von der Kathedrale aus führt uns unser Weg weiter in Richtung Nicaraguasee. Auch wenn wir die letzten Tage auf der Isla Ometepe bereits viel Zeit am See verbracht haben, so wollen wir auch einmal sehen, wie er hier in der Stadt aussieht. Da gerade Hochwasser ist, bekommen wir den Strand nicht zu Gesicht, aber auch die Uferpromenade ist sehr schön und wir setzten uns ein wenig auf die Bänke, um die Sonne zu genießen. Denn die scheint, seitdem wir die Grenze zu Nicaragua überquert haben, ohne Unterbrechung. Endlich strahlender Sonnenschein und blauer Himmel! Das konnten wir von unseren vorherigen Stops nicht unbedingt behaupten.
Unser Weg zurück zum Marktplatz führt uns vorbei an vielen weiteren bunten Häusern und Kirchen: Einige von ihnen gut restauriert, einige von ihnen nicht. Doch auch das hat durchaus seinen Charme. Uns begegnen immer wieder geschäftige Menschen, mit ihrem kleinen Verkaufswagen oder bunt bemalte Pferdekutschen. Die Stimmung ist ausgelassen, die Stadt ist richtig grün und einfach nur total bunt.
Wir sind von der ersten Sekunde an total fasziniert und können verstehen, dass viele Leute hier länger bleiben, als geplant. Viele bleiben sogar für immer und so finden wir hier sehr abwechslungsreiches Essen: Von israelischem Falafel, über indisches Curry und asiatischer Suppen bis hin zur Acai-Bowl, ist hier wirklich für jeden etwas dabei. Außerdem, und das gefällt uns fast noch mehr, sind hier die Preise endlich wieder richtig gut. Haben wir uns in Costa Rica fast nur von Reis und Bohnen ernährt, da die Küche nicht gerade abwechslungsreich ist und hat dort ein einfaches Gericht mindestens 6,00 USD (ca. 5,41 Euro) gekostet, so futtern wir uns hier durch die verschiedensten Gerichte und zahlen nie mehr als 3,00 USD (ca. 2,70 Euro). Daran könnten wir uns direkt gewöhnen!
Die bunten Kolonialhäuser: Ein Blick von oben
Gegen späten Nachmittag steigen wir für nur 1,00 USD (ca. 0,90 Euro) Eintritt auf den Turm der Kathedrale, um den Sonnenuntergang anzusehen. Und tatsächlich stellen wir fest, dass die komplette Stadt aus Kolonialhäusern besteht. Nicht ein Haus hat mehr als zwei Stockwerke, jedes Haus hat einen Innenhof und alle Häuser haben die gleichen Dächer. Schön, dass sich hier noch nicht so viel geändert hat und die Stadt von dem Hochhaus-Bau bisher verschont geblieben ist. Die zweitgrößte Stadt des Landes hat allerdings auch nicht einmal 80.000 Einwohner und würde daher bei uns wohl eher als Dorf durchgehen… Trotz Hochsaison stehen außer uns nur zwei weitere Touristen auf dem Turm der Kathedrale und so können wir recht ungestört einen wunderschönen Sonnenuntergang über dieser schönen Stadt genießen.
Die nächsten beiden Tage verbringen wir weiterhin hauptsächlich damit, durch die Straßen zu schlendern und immer wieder neue schöne Orte zu entdecken. Abends schlendern wir in die Calle la Calzada: Eine Fußgängerzone, in der sich ein Restaurant an das Nächste reiht und jede Menge geschäftiger Menschen ihre Souvenirs verkaufen. Auch, wenn die Straße sehr touristisch ist, so hält es sich auch jetzt zur Hochsaison noch sehr in Grenzen und wir finden es nicht zu überlaufen: Eine gute Mischung aus geschäftigem Treiben und leckerem Essen.
Die Laguna de Apoyo
An unserem letzten Tag entscheiden wir uns für einen Ausflug zur Laguna de Apoyo, denn was gibt es schöneres, als sich bei dieser Hitze zwischendurch abkühlen zu können. Die Lagune kann man mit einem öffentlichen Bus für nur 1,00 USD (ca. 0,90 Euro) erreichen, allerdings wird man dann nur zum Rand des Kraters gefahren und muss etwa zwei Stunden bis an den See wandern. Vom Wandern haben wir erst einmal genug und buchen daher bei Ericks Tours einen Shuttle für 5,00 USD (ca. 4,50 Euro) (return). Nach dem Frühstück werden wir in unserer Unterkunft abgeholt und - da scheinbar sonst niemand diese Tour gebucht hat - fahren wir tatsächlich zu zweit zur Lagune. So können wir uns auch aussuchen, wann der Fahrer uns wieder abholen soll.
Die Laguna de Apoyo ist ein Vulkankrater, in dem sich inzwischen ein 35 Quadratkilometer größer See befindet. Direkt an dem See gibt es einen kleinen Ort, mit mehreren Resorts, dessen Zugänge zum See man mit einer Art Tagespass nutzen kann. Wir entscheiden uns für den Laguna Beach Club und können hier für 6,00 USD (ca. 5,41 Euro) Eintritt die Liegestühle, Schwimmplattformen, Kajaks, Schwimmreifen und SUP Boards benutzen. So verbringen wir den Tag, liegend, schwimmend und fahrend an der Lagune und tanken unseren Sonnenspeicher ein wenig auf, bevor wir am nächsten Tag zehn Stunden im Bus zurück nach Costa Rica sitzen müssen…
Auf Wiedersehen Nicaragua
Vielen Dank Nicaragua, dass wir deine Gäste sein durften: Nach leider nur 10 Tagen geht es für uns nun schon wieder zurück nach Costa Rica. Danke, für all deine freundlichen Menschen, die wir in unser Herz geschlossen haben, für all die bunten Häuser, die grüne Natur, die spannenden Vulkane und die vielen Tiere, die uns mehr als einmal vor den Roller gelaufen sind. Danke für all das schöne Wetter, das leckere Essen und all die tollen Dinge, die wir erleben durften. Nicaragua, wir werden dich vermissen, hast du uns doch so viel besser gefallen, als deine Nachbarn Costa Rica und Panama. Wir kommen bestimmt wieder, um dann mit mehr Zeit noch weitere schöne Orte zu entdecken!