Auf meiner Rundreise durch Malaysia verschlägt es mich auch in den Taman Negara Nationalpark: Mit über 4.300 Quadratkilometern ist er ungefähr doppelt so groß wie Luxemburg. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen und so machen wir uns auf den Weg die atemberaubende Natur eines Dschungels zu entdecken. Ich bin unterwegs mit meinem guten Kumpel Robert und dieses Mal nicht mit Marius...
In unserem Hostel in Kuala Lumpur haben wir den Tipp für den Nationalpark erhalten. Allerdings erzählen uns einige andere Backpacker, dass der Dschungel leider auch sehr touristisch ist: Am besten also, du fährst nicht am Wochenende und auch nicht in den malaysischen Ferien dorthin, dann ist es nicht so überlaufen. Wir sind Anfang Juli für drei Nächte dort und haben den 12-Bett-Schlafsaal unseres Hostels im Dschungel ganz für uns allein! Was wir im Taman Negara erlebt haben, das möchte ich dir jetzt erzählen. Doch beginnen wir von vorn...
Übrigens: Wenn du nicht wie wir mehrere Tage im Dschungel verbringen möchtest, kannst du auch eine Tages-Tour ab Kuala Lumpur unternehmen. Diese findest du hier:
Schon die Anreise ist beeindruckend
Am einfachsten kommst du nach Taman Negara von Kuala Lumpur aus. Dort kannst du eigentlich in jedem Hostel eine Fahrt nach Taman Negara oder sogar eine ganze Tour inklusive Unterkunft und Touren buchen. Wir buchen in unserem Hostel eine komplette Tour, da wir leider nur wenige Tage Zeit haben. Früh morgens werden wir von einem Minibus abgeholt, der uns in drei Stunden nach Kuala Tembeling bringt. Ein traditionell asiatisches Holzboot, das Sampan, fährt uns in weiteren drei Stunden über den gelbbraunen Sungai Tembeling, der sich als größtes Flusssystem Malaysias durch den Dschungel schlängelt. Wir fahren entlang an beeindruckenden Bäumen und begegnen bereits einigen kleinen Affen, unzähligen Vögeln und sogar einer Echse. Viele Touristen sind an diesem Tag nicht unterwegs und so fühlen wir uns tatsächlich wie in einer anderen, völlig abgelegenen Welt.
Allerdings werden wir während unserer Zeit keine größeren Tiere sehen. Viele Tierliebhaber kommen mit falschen Erwartungen in den Nationalpark: Anders als in Afrika, wo du dank der Savanne kilometerweit gucken kannst, ist der Taman Negara komplett mit dichtem Dschungel bedeckt. Viele Tiere sind nur schwer zu entdecken und oft weißt du nicht, was hinter der nächsten Weggabelung auf dich wartet. Die Chancen, einen der wenigen noch lebenden malaysischen Tiger, Leoparden oder Elefanten zu sehen, ist leider sehr gering. Sie halten sich in den Tiefen des Dschungels auf, die für uns nur schwer erreichbar sind. Allerdings treffen wir trotzdem auf viele kleine Tiere, wie Affen, Warane, Schlangen und unzählige Vögel und Insekten.
Internet- und Handyempfang wirst du hier nicht bekommen
Der Eindruck der Abgeschiedenheit ändert sich auch nicht, als wir in Kuala Tahan ankommen. "Ort" ist hier schon fast übertrieben: Es gibt ein Hotel, bestehend aus kleinen Bambus-Hütten und zwei Hostels. Außerdem zwei Restaurants, die auf Floßen gebaut wurden. Übrigens gibt es hier keinen Geldautomaten, nimm also dringend Bargeld mit! Etwas außerhalb des Ortes liegen noch einige weitere Hostels, allerdings benötigst du dann 15-20 Minuten zu Fuß, um zu den Restaurants zu kommen.
Unser erstes Highlight: Es gibt dort eine kleine Insel mitten im Fluss. Das ist der einzige Ort, an dem es Handy-Empfang und Internet gibt. Aber bei all den Eindrücken, die wir in den nächsten Tagen erleben, stört es auch nicht, einige Tage nicht erreichbar zu sein. Auf der Insel hat der Besitzer eine kleine Bar aufgemacht, in der wir viele lustige Abende verbringen. Das Spezialgetränk des Inhabers: Vodka mit Erdbeerjoghurt, gewöhnungsbedürftig aber gar nicht so schlecht!
Um zwischen den Unterkünften, Restaurants und der Insel hin und her zukommen, musst du jedes Mal den Fluss überqueren. Aufgrund der starken Strömung kann man hier nämlich nicht schwimmen. So nehmen wir jedes mal ein "Wassertaxi", ein kleines Motorboot, dass dich für einen Ringit auf die andere Flussseite bringt. Die einzige Stelle, wo du in dem kleinen Dorf schwimmen kannst, ist neben der besagten Insel. Dort ist keine Strömung und es wurde aus Planen eine kleine Wasserrutsche erbaut.
Wir schlafen in einem Hostel, das eigentlich zu dem schicken Hotel des Ortes gehört. Wir schlafen in einem 12er-Schlafsaal, sind dort aber nur zu zweit. Scheinbar haben wir eine gute Zeit ohne viele Touristen erwischt. Das Hotel scheint luxuriös und teuer, das zugehörige Hostel ist hingegen sehr spartanisch eingerichtet: Die Dusche ist draußen und es gibt auch nur kaltes Wasser. Allerdings hat auch das Hotel kein warmes Wasser. So etwas gibt es im Dschungel eben nicht.
Genauso spartanisch ist das Essen in den Floating Restaurants. Es gibt jeden Tag Reis und frisch gefangenen Fisch, eben nur das, was der Dschungel hergibt. Zum Frühstück gibt es teilweise Obst aus dem Dschungel, ansonsten steht auch morgens schon der Reis auf dem Tisch. Uns gefällt das spartanische Essen, denn nur so bekommen wir wirklich das Gefühl weit weg von der Zivilisation zu sein: Trotz Tourismus schreibt die Abgeschiedenheit des Dschungels klare Regeln vor. Ich hoffe, dass auch in den nächsten Jahren keine Straße gebaut wird, damit nicht überall Supermärkte entstehen und die Natur weiter zerstört wird!
Die Unterkünfte sind übrigens alle etwas weiter oben auf einem Berg errichtet, die Restaurants auf schwimmenden Flößen. An unserem letzten Abend verstehen wir dann auch warum: Es fängt von der einen Sekunde auf die andere so stark an zu regnen, dass der Fluss binnen von Minuten komplett über die Ufer tritt und wir keinen Schritt mehr aus dem Hostel machen können. Hat scheinbar doch einen Nachteil, zur Regenzeit in Asien zu sein. Die anderen Tage im Taman Negara regnet es allerdings überhaupt nicht. Die Regenzeit musst du dir also nicht so schlimm vorstellen, wie es sich erst anhört.
Schöne Aussicht vom Bukit Terisek
Direkt an unserem ersten Tag machen wir eine Wanderung zum Bukit Terisek, einem Berg mit schöner Aussicht mitten im Dschungel. Begrüßt werden wir früh morgens von unserem Guide mit einer guten Nachricht: „Wir werden heute keinen Blutegeln begegnen, ihr könnt die Hose also ruhig wieder aus den Socken ziehen." Sehr beruhigend, auf Blutegel wollen wir wohl alle nicht treffen! Da es aber seit einer Woche nicht geregnet hat, halten sich die Egel gerade lieber im Wasser auf, als sich auf den trockenen Wanderpfaden des Regenwalds auf die Lauer zu legen und auf saftig-blutige Menschenbeine zu warten.
Kleine Holzschilder weisen uns den Weg durch den Dschungel. Wir sollen unbedingt die Augen offen halten, denn laut unseres Guides könnten wir einige Tiere zu Gesicht bekommen. Wir bleiben auf unserem Pfad, der von alten Baumwurzeln durchzogen und von vielen Schlingpflanzen eingerahmt ist. Langsam beginne ich zu verstehen, warum man hier nur auf den Wegen laufen soll. Wir haben Glück: In den Bäumen über uns hangelt sich eine kleine Affenfamilie von Ast zu Ast. Die Kleinen halten inne und schauen gespannt auf uns herab.
"Achtung, stehen bleiben!“ flüstert unser Guide plötzlich, während wir noch immer nach oben zu den Affen gucken. Erst jetzt reagieren wir und halten wie erstarrt Inne, als wir auf den Boden blicken: Ein etwa eineinhalb Meter langer Waran kreuzt gemütlich unseren Weg. Uns allen läuft ein kalter Schauer über den Rücken, hat uns der Guide doch kurz zuvor noch erzählt, dass die Riesenechsen giftig sein können. Doch der Waran scheint uns gar nicht zu bemerken und verschwindet wieder friedlich im dichten Dschungel.
Oben auf dem Berg angekommen bietet sich ein toller Ausblick über den Dschungel. Über den Baumkronen sieht der nämlich komplett anders aus! Hier sehen wir strahlend blauen Himmel und die unendliche Weite ist einfach nur wunderschön. Bis auf ein paar Vögel hören wir hier oben tatsächlich nichts und ich kann nicht so richtig glauben, dass es hier am Wochenende von Touristen nur so wimmelt.
Unser Tag endet mit einer Abkühlung im Fluss, denn wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und der Hitze ist man hier wirklich für jede Abkühlung dankbar. Zum Glück hat die Bar auf der kleinen Insel aber auch ein paar kühle Getränke für uns.
Das längste Hängebrückensystem der Welt
Am nächsten Tag gehen wir erst Mittags los in Richtung Canopy Walk. Im Taman Negara Nationalpark gibt es nämlich das längste Hängebrückensystem der Welt! Er ist 510 Meter lang und an der höchsten Stelle etwa 45 Meter hoch. Natürlich hat das so gar nichts mit einem einsamen Dschungel zu tun, verpassen solltest du es dennoch nicht.
Um die Mittagszeit ist es hier recht leer und wir müssen entgegen der Erwartungen nicht anstehen. Über die Hängebrücken gelangen wir immer höher über die Baumwipfel und es bietet uns ein ähnlich schöner Weitblick wie vom Bukit Terisek am Tag zuvor. Allerdings ist es schon ein anderes Gefühl, wenn unter dir 45 Meter lang nichts ist, außer ein paar kleine Sträucher.
Auch hier in den Bäumen begegnen uns wieder einige Affen und natürlich viele Vögel. Diese ganze Atmosphäre und die wunderschönen Ausblicke verschlagen uns mehr als einmal die Sprache und wieder sind wir froh, nicht von einer Horde Touristen gejagt zu werden.
Der feste Boden unter den Füßen währt nicht lange. Nach dem erfolgreichen Bezwingen der Hängebrücke wartet unten am Fluss bereits ein Boot auf uns. Unser Ziel: Der kleine Wasserfall Lata Berkoh. Die Fahrt dauert etwa 40 Minuten und wir genießen sie sehr: Um uns herum ist alles grün und abgesehen vom Knattern des Motorboots herrscht hier wirklich absolute Stille. Riesige Bäume stehen am Ufer, einige sind während vergangener Regenfälle umgekippt. Hin und wieder sehen wir am Rand bunte Vögel und alles wirkt wirklich sehr idyllisch. Den letzten Kilometer müssen wir wegen des Niedrigwassers zu Fuß zurücklegen. Als Belohnung dafür, dürfen wir im erfrischenden Pool des Wasserfalls schwimmen.
Zu Besuch bei den Ureinwohnern von Taman Negara
An unserem letzten Tag geht es in eine Dorfgemeinde der Orang Asli, die ein paar Kilometer flussabwärts im Urwald lebt und uns in ihr naturverbundenes Leben einweiht. Mit hoher Geschwindigkeit rasen über das Wasser und halten direkt auf die Seven Rapids zu. Sieben Stromschnellen machen aus dem sanften Fluss einen wütenden Strom, der völlig unkontrolliert die Wassermassen in unser kleines Boot peitscht.
Schon nach wenigen Metern sind wir alle bis auf die Unterwäsche nass. So langsam wird klar, warum wir am Anfang unsere Taschen in einen wasserdichten Beutel stecken sollten. Die Dusche ist eine willkommene Abkühlung in der schwülen Hitze. Auch wenn wir uns nun eher wie nasse Pudel aussehen und nicht, als ob wir gleich einer fremden Gemeinde einen Besuch abstatten wollen. Der Dorfälteste und Stammesführer Mua scheint von unserem Zustand nicht überrascht zu sein. Der Weg über die Stromschnellen ist der einzige Zugang zu seinem Dorf, da zwischen ihm und der Zivilisation der undurchdringbare Urwald liegt.
Die Orang Asli im Taman Negara leben natürlich nicht mehr so ursprünglich wie früher. Aus vielen Kleiderspenden haben sie Polohemden und Flip Flops erhalten und sehen daher nicht so aus, wie man sich einen Ureinwohner vorstellt. Ihre Religion und ihre Grundsätze als Jäger, Sammler und Halbnomaden haben sich aber nicht geändert. Sie leben in palmblattgedeckten Hütten und ernähren sich von dem, was ihnen die Natur gibt: Wasser und Fische aus dem Fluss, Früchte und Vögel aus dem Wald.
Sie jagen die Vögel mit Blasrohren, die etwa einen Meter lang und von innen ausgehölt sind. Durch kräftiges Pusten werden die Pfeile durch das Rohr geschossen. Da die Pfeile mit Pflanzengift eingerieben sind, werden die Tiere so betäubt. Wir dürfen das Ganze - natürlich ohne Gift - an einer Zielscheibe ausprobieren. Das Rohr ist ziemlich schwer und ein präzises Zielen nicht sehr leicht. Außerdem lernen wir, wie man mit Hilfe von Steinen und Holz ganz einfach ein Feuer machen kann. Mua erzählt uns von dem Glauben der Orang Asli an heilige Geister, die im Dschungel leben.
Die Geschichten und auch das Dorf sind wirklich interessant, aber irgendwie hat es auch etwas von Freiluftkino mit den Einwohnern als Darsteller. Jeden Tag laden Boote die Touristen ab, die hier umher laufen und wild Fotos machen. Mit gemischten Gefühlen machen wir uns wieder auf den Weg zurück zu unserem Hostel.
Sicherlich gibt es Dschungel, die nicht so erschlossen sind. Im Taman Negara sind die Wege gekennzeichnet und teilweise gehst du eine ganze Zeit über Wege aus Holzplatten. Andererseits machen so die Touristen nicht die Natur kaputt, in dem sie die Pflanzen abreißen, um sich einen Weg zu bahnen. Auch im Taman Negara Nationalpark gibt es viele unberührte Stellen, aber dort ist es leider recht gefährlich, da dir wilde Tiger und Elefanten begegnen können. In freier Wildbahn und ohne Guide ist das nicht ganz ungefährlich.
Ich bin dennoch froh, den Taman Negara Nationalpark gesehen zu haben. Ein Dschungel ist schon noch einmal etwas ganz anderes, als ein einfacher Wald. Die Atmosphäre ist wirklich schön und wenn man inne hält hört man den Dschungel. Vor allem Nachts sind die Geräusche wirklich stark und es ist einfach stockdunkel.
Love it!! War super :)