Neuseeland ist wechselhaft. Der Neuseeländer behauptet von seinem Land, dass es alle vier Jahreszeiten an einem Tag an nur einem Ort geben kann und tatsächlich mag man das nach nur wenigen Tagen hier tatsächlich glauben. Oft braucht man in der einen Minute zwei Shirts, Pullover und Windstopper und sehnt sich Mütze und Handschuhe herbei und in der nächsten Minute findet man sich bei hochsommerlichen Temperaturen jehnseits der dreißig Grad wieder und möchte am liebsten nur noch ins Wasser springen. Aber mindestens genauso wechselhaft wie das Wetter ist die Natur.
Und so geht es für mich nach der kargen und marsähnlichen Landschaft des Tongariro National Parks weiter gen Süden. Vier Stops in vier Tagen stehen an, eine kleine Odyssee. Der erste dieser vier Stops ist River Valley. Nebst einer wunderwunderschönen Lodge und keiner Art von Handyempfang gibt es in diesem Tal wie der Name schon sagt einen Fluss. Und was für einen. Neuseelands bestes Wildwater Rafting wartet hier auf mich. Weltweit sind die "beraftbaren" Flüsse in fünf Kategorien von sehr leicht bis sehr schwer unterteilt, dieser hier hat die höchste Stufe. Wenn schon, denn schon!
Mit dem Postschiff durch die Fjorde
Nach einem kurzen Stop in Neuseelands Hauptstadt Wellington und einem Besuch des zweiten Teils der Hobbit-Reihe im Uraufführungskino von Peter Jackson, heißt es für mich früh am nächsten Morgen Abschied von der Nordinsel zu nehmen. Auf der flächenmäßig größeren Südinsel leben trotz der Größe deutlich weniger Menschen als auf ihrem kleineren Bruder und so geht es hier alles etwas gemächlicher zu. Mein dritter Stop, Picton, wartet hier auf mich. In Picton werde ich einen Tag lang mit dem Postboot durch Neuseelands Fjorde fahren. In den abgelegenen Wasserkanälen leben vereinzelt in völliger Abgeschiedenheit kleine Familien in kleinen Häusern. Ihr einziger Kontakt zur Außenwelt ist das Postschiff, dass neben den klassischen Briefen auch Lebensmittel und andere Notwendigkeiten liefert.
Für mich die ideale Gelegenheit, einmal in den wirklichen Alltag von sehr interessanten Menschen zu gucken. Wir legen an Stegen an und unterhalten uns mit den Anwohnern, sehen wie sie leben und wie schön sie es inmitten der Malborough Sounds doch haben. Eine Dokumentation im deutschen Fernsehen hatte mich einst dazu bewogen, diesen Trip auf meine Wunschliste zu setzen und nun rede ich mit den gleichen Menschen an den gleichen Orten, wie ich sie damals neidisch im Fernsehen gesehen hatte. Verrückt.
Nach fünf Stunden Unterhalten, Ausliefern, und Träumen dreht das kleine Postschiff, deren einziger Passagier übrigens ich war, langsam ab und macht sich auf den Weg zurück nach Picton. Das ist auch gut so, denn das zu Beginn noch so ruhige Wetter hat sich binnen weniger Minuten in eine dicke schwarze Wolkenfront gewandelt und die Temperatur ist binnen weniger Minuten um gefühlte fünfzehn Grad gefallen. Neuseeland eben.
Der Abel Tasman Nationalpark
Nächster Halt ist das kleine Örtchen Kaiteriteri am Eingang des weltberühmten Abel Tasman Nationalpark liegend. Hier werde ich für drei Tage bleiben. Der Abel Tasman ist Neuseelands kleinster aber populärster Nationalpark. Er ist berühmt für den aufregenden Mix aus spannenden Wanderwegen durch Berge, Wiesen und Wälder gepaart mit seinen traumhaften Stränden, dem türkisblauen spiegelglatten Wasser und der unglaublichen Artenvielfalt. Wo sonst watscheln Pinguine an sommerlichen Sandstränden? Seerobben tummeln sich im Wasser und abertausende von Seevögeln beherrschen hier die Lüfte. Ein wirklich einzigartiger Ort.
Nach den Strapazen des Tongariro Crossings vor einigen Tagen beschließe ich jedoch, mir den Abel Tasman meiner Leidenschaft entsprechend vom Wasser aus anzugucken und so geht es mit der Schwedin Senna und der Neuseeländerin Sophie am frühen Morgen mit den Kayaks gen Nationalpark los. Die Kamera behutsam im wasserdichten Beutel verstaut und das Kayak voller Proviant, einer Decke, einem Gaskocher und Badesachen legen wir die ersten Kilometer zurück. Der Wind ist flau, die See ist ruhig und die Sonne knallt vom Himmel. Was will man mehr an einem 19. Dezember?
Nach etlichen Stunden kayaking erreichen wir endlich einen ersten einsamen Strand, schieben unsere Boote an Land, breiten unsere Decke aus und brühen uns auf dem Gaskocher einen ersten Morgenkaffee. Die Sonne steht hoch in dieser Stunde, es duftet leicht nach Pinie. Es kann einem in so einem Moment kaum besser gehen, denke ich. Nun bin ich doch noch ein Naturbursche geworden. Reisen verändert.
Wird wohl nix mit weißen Weihnachten? :-) LG